Zur Corona-Krise

Windeck, den 19.04.2020

 

Zur Corona-Krise

 

Krise – sie könnte eine Zeit der Entscheidungen sein.

 

Das jetzt überall strapazierte Bild des „Wieder-Hochfahrens“ der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens lässt jedoch befürchten, dass das verständliche Begehren nach „Normalität“, dem endlich Wiederaufleben des Gewohnten genau zu dem führt, was das “Wieder-Hochfahren“ suggeriert:

Die alte Maschinerie mit den alten Programmen wieder in Gang zu setzen. Dann wird endlich alles wieder gut, so wie es vorher war.

 

Die Hohepriester des Indikativs, die schon immer darin Recht hatten, dass das Bestehende eben ist, wie es ist, dass das Bestehende und Funktionierende (never change a running system!) nur gefährdend durch schwärmerische Spinner in Frage gestellt werde, würden sich wieder mal durchsetzen. Die jetzige Krise hat jedoch gezeigt, wieviel möglich wird, wenn die Angst nur groß genug ist („I want you to panic!“). Dabei hätten wir schon seit geraumer Zeit Anlass genug, die Automatismen des Funktionierenden auch ohne apokalyptische Überdramatisierung im Auseinandersetzungsstil in Frage zu stellen, wenigstens endlich einmal gesellschaftlich-politisch zu diskutieren:

 

- Das weltweite Auseinanderdriften der Verteilung von Ressourcen - Besinnungsloses Produzieren, besinnungsloses Konsumieren, besinnungsloses Wachstum, besinnungsloser Wettbewerb - Unsere festgefahrenen Maßstäbe von Leistung, Leistungsbeurteilung und Lohn

 

Mancher wird sagen, dass solche Forderungen typisch für die sind, die relativ abgesichert im Wohlstand leben, für andere wird sie zur Frage ihrer nackten Existenz. Bloße Akklamation im Sinne der neu erfahrenen Solidarität in Notzeiten bleiben dann wohlfeil, wenn nicht alle die unvermeidlichen Kosten tragen! Und komme mir jetzt keiner mit der dann üblichen Desavouierung, dass solche Vorstellungen aus der „Umverteilungsmottenkiste sozialistischer Ideologie“ kämen, die sich längst als überholt und falsch erwiesen hätten!

 

Krise- sie könnte eine Zeit der Besinnung und In-Frage-Stellung, neuer politischer Diskussion und vielleicht sogar der Entscheidungen werden.

Die Macht der Gewohnheit jedoch, die oft mit „Realität“ identifiziert wird, wird, so ist zu befürchten, wohl eher zu einem „Wieder-Hochfahren“ führen.

 

Christof von Eynern